KÜNSTLERFORM SCHAU-FENSTER ERFTSTADT e.V.

 

„Jeder Blick ein anderer“

 
          Monika Gimborn-Jochum Objekte
          Angelika Schneeberger Malerei   
          Helga Söntgen Zeichnungen

          Ausstellung  27. April – 12. Mai 2013


Jeder Blick ein anderer, wie kann es auch anders sein bei drei Künstlerinnen. Doch in dieser Ausstellung gibt es kein übergreifendes Thema, die Spanne ist wirklich weit. Jeder der Künstlerinnen steht für ein anderes Genre der Bildenden Kunst, das durch die Jahrhunderte immer wieder thematisiert worden ist und es auch weiter so sein wird. Dabei variiert die Aussage und Darstellung.

Bei Monika Gimborn-Jochum ist es die Landschaft, bei Angelika Schneeberger das Stillleben, bei Helga Söntgen möchte ich mir den Begriff der „Zwischenwelt “von Paul Klee ausleihen, der zwar nicht ganz trifft, aber in dem sich doch Abstraktes und Gegenständliches auf Phantastische Weise vereint. Diese Art der künstlerischen Umsetzung, die sich von der sichtbaren Erscheinung der Dinge löst, ist die jüngste der Kunstgattungen, die um den Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt, um sich dann in einem kaum zu fassenden Spektrum aufzugliedern. (Die Art Cologne ist noch frisch in Erinnerung.)

 In das Reich der phantastischen Formfindung führt uns auch Monika Gimborn-Jochum. Ich ordne ihre hier gezeigten Arbeiten großzügig der Kategorie Landschaft zu.  Sie Lässt sich von Gesehenem, Gefundenem, haptischem Greifbarem nicht nur inspirieren, sie verwendet und verwandelt es.

 Dabei benutzt sie eine Fülle von Werkstoffen, mit denen sie als Schmuckgestalterin, ihrer primären Passion, souverän umzugehen weiß. (Schon lange ist sie Mitglied im Forum für Schmuck und Design, seit 2010 deren Vorsitzende). Sie lässt aus Draht, aus Zellstofffetzen, Wachs, Kupferstücken, Schuppen der große und kleinen Zapfen der kalifornischen Sequoias, die es ihr besonders angetan haben, kleine Traumgärten oder Blumenstücke entstehen, wenn wir diese wunderlichen hängenden oder liegenden Gebilde denn so sehen möchten, die sie allerdings sehr nüchtern als „Quadrat gelb“ oder „Quadrat weiß mit etwas rot“ bezeichnet. Das kleine, sogenannte „große Rasenstück“, 40x30 cm, in Wasser und Deckfarben von Albrecht Dürer könnte sich in diese Reihe einordnen, - gleiches Thema in einer anderen Zeit.

 Nicht nur Objekte, auch Fotos von Reisen verwendet und verwandelt Monika Gimborn-Jochum. Dabei tritt das Dokumentarische in den Hintergrund, wird großenteils mit eingefärbtem Wachs überdeckt, so wie sich Erlebtes langsam er Erinnerung entzieht  und doch in der Tiefe erhalten bleibt, ja durch Abtragen dieses organischen, formbaren Naturmaterials wieder hervorgeholt werden könnte.

 Greifbarer abbildhaft sind hingegen die „Outbacks“ genannten rotorangenen Kegel aus verschiedenen Materialien, die Monika Gimborn-Jochum in Australien in ihrer natürlichen Umgebung gesehen hat und die wir auf den Fotos wieder erkennen können. Surrealistisch anmutende Kalkgebilde, entstanden in Jahrtausenden der Erdgeschichte oder auch in etwas kürzeren Zeiträumen durch die unermüdliche staunenswerte  Arbeit der Termiten. Welches auch immer ihre Vorbilder waren, sie stehen hier genauso scheinbar unmotiviert im Raum wie in ihrer Heimat, sie faszinieren durch das, was sie sind. Ein stummes Zeugnis erdgeschichtlichen Daseins, beobachtet von einem merkwürdigen schwarzen Vogel, der auch der Urzeit entsprungen zu sein scheint oder ist es gar der allgegenwärtige Rabe von Edgar Allen Poe?

Genug der Worte, lassen Sie sich nun von den Kunstwerken ansprechen und sprechen Sie deren Schöpferinnen an. Sie freuen sich drauf.

Hildburg Hennig

April 2013




KREISHAUSGALERIE BERGHEIM

 

„SICHTWEISEN“

          Monika Gimborn-Jochum    
          Angelika Schneeberger

          Ausstellungseröffnung 22. Mai 2011
 

Die Stichworte der Musikerinnen waren: gefällig, sperrig..... Das sind - in salopper Formulierung - die Pole, zwischen denen sich Kunst immer bewegt.  Man kann auch sagen zwischen Schönheit und Widerständigkeit. Die Natur – als „gemeinsame Nenner“ der Künstlerinnen Monika Gimborn-Jochum und Angelika Schneeberger, wie schon Frau Schütz herausgestellt hat – gibt für beides , die Wahrnehmung von Schönem und die Wahrnehmung von Rätselhaftem, Erschreckendem, Irritierendem genügend Anlass, und tatsächlich ist beides auch in den Werken, die uns hier umgeben, ganz sinnfällig.

…Monika Gimborn-Jochums Sichtweise und künstlerisches Tun sind ganz anders. Sie ergreift die Natur weniger mit den Augen als mit den Händen. Und dort wird sie bearbeitet, gefärbt, verhüllt, umgemodelt, oft bis zum Verschwinden unter Schichten von Gips, Wachs, Pigmenten oder Draht. Ein erster Überblick über die hier und in der oberen Etage ausgestellten Arbeiten zeigt die große Vielgestaltigkeit des Werks. Im Eingangsbereich die pastellfarbenen Quadrate mit ihren zierlich wuchernden „Wiesen“ oder sprühenden Fontänen, dann grob gesägte Bretter, gespaltene Äste, Brennholzscheite – mal schwebend, mal aufrecht -, in der Vitrine feine Schmucknadeln,  in der oberen Etage Gipskuben und - in den Nischen - graziöse Glasröhrchen mit bunten Füllungen. Beim genauen Hinschauen ist zu erkennen, dass jede Arbeit aus vielen verschiedenen Materialien besteht. Die Liste führt etliche Holzwesen oder Gipswesen oder Wachsobjekte auf. Das Kleingedruckte verrät aber die weiteren, oft überraschenden Zutaten, die man kaum vermutet.

Das Beispiel der immer wieder auftauchenden Zapfenschuppen kann Licht werfen auf den eigentümlichen Schaffensprozess, in dem das in der Natur gefundene Material zu immer wieder anderen künstlerischen Formen führt. Auf einer Reise durch Kalifornien ist Monika Gimborn-Jochum fasziniert von den kolossalen Zapfen, die von den Riesen-Sequoias  herunterfallen. Mit der Zeit öffnen sich die Zapfen und die einzelnen Schuppen zeigen sich in ihrer eigenwilligen gekrümmten Gestalt mit dem spitz zulaufenden Dorn. Diese Gebilde begleiten die Künstlerin über einen langen Zeitraum (der vielleicht noch gar nicht abgeschlossen ist).  Fast ehrfürchtig werden die Schuppen einzeln mit Blattgold belegt und zu kostbaren Anstecknadeln und anderen Zierformen verwandelt (Vitrine). In den Bodenobjekten (neben mir) sind sie von Drähten umsponnen und wie ein Hoheitszeichen auf rohen Holzstücken fixiert. Bei den sogenannten Quadraten (am Eingang) werden sie über dem farbigen Wachsbett schwebend zu einer bizarren Schar von Blüten oder vogelartigen Wesen zusammengefasst. In zwei kleinen Wandobjekten (auf der 1. Etage, am Durchgang zur Galerie) sind sie die Hauptpersonen, einmal real, vergoldet, von Draht umschnürt und zentral auf einer dunklen Wachsstele angebracht, gegenüber, auf weißen Wachsgrund, sind kleine Fotografien in gleicher Weise spiegelartig angebracht. Die Naturform ist verschwunden und dennoch präsent.

Am radikalsten lässt Monika Gimborn-Jochum das natürliche Fundstück in ihren Gipsarbeiten verschwinden. Im formlosen Gipsbrei gehen sie völlig verloren, kommen aber in der Bearbeitung, nach dem Trocknen wieder zum Vorschein. Dann wird der Gipskubus geduldig beschnitten und geschliffen bis eine (handschmeichelnde) kompakte Form erreicht ist. Dann erscheinen die im Innern schlummernden Elemente als überraschende Spur wieder, mal zart, mal heftig. (Schöne Exemplare in der Vitrine und in den sogenannten „Kleinformaten“, 1. Etage).

Ähnlich verfährt die Künstlerin auch mit Blüten, Tannensamen, auch Eisenspänen und Zellstoff.  Sogar große Holzstücke, Brennholzscheite geraten in solche Prozesse. Im weichen Material von Gips oder Wachs gehen die Fundstücke unter, verlieren ihre Form und erhalten dann in einem neuen Formzusammenhang eine neue Existenz. Sie sind noch immer und wieder da, wie zum Zeichen ihrer Unverwüstlichkeit, ihres trotzigen Beharrens.

Man kann an die verwandelnde Kunst der Alchimisten denken oder auch an das mit Lehm und Matsch spielende Kind, das einem ursprünglichen schöpferischen Impuls folgt. Die Experimentierfreude und Fantasie, mit denen Monika Gimborn-Jochum zu Werke geht, zeigen sie in der Tradition von beiden.

Dabei sind die Ergebnisse dieses Tuns nicht nur spielerisch leicht. Sehr prägnant und ernst erscheinen etwa die beiden als „Paar“ bezeichneten Arbeiten: Einige Dreiergruppen, zum Teil auch Triptychon genannt, benutzen eine kultische, spirituell aufgeladene Anordnung und eröffnen weite Deutungsfelder. Verletzung, Vergänglichkeit,  Schmerz vermitteln manche Objekte, deren Farbigkeit an Blut erinnert, deren Formen auslaufen oder die von aggressiven Materialien hart durchkreuzt werden (Holzwesen „scharf geschossen“).

Eine andere Gruppe von Objekten möchte ich zum Schluss erwähnen, die einen strahlenden ästhetischen Reiz  besitzt und ganz besonders den Augensinn anspricht, den ich zunächst eher Angelika Schneeberger zugeordnet hatte. Es sind die Arbeiten mit Gläsern und Spiegeln und die Arbeiten, die zum Ein- und Aus- und Durchblicken anregen. Dazu gehört das große Bodenobjekt Durchblick (an der 1. Säule) mit seinen schön gefassten Linsen und Prismen, die ein alter Fotoapparat hergegeben hat, und die drei Bodenobjekte Trifolium (vor dem Fenster). Hier werden wir als Betrachter und Benutzer selber zum aktiven Alchimisten, dem sich die Grenzen zwischen den Dingen verschieben, und zum spielenden Kind, das die Welt unbekümmert auf dem Kopf stehend anschaut.

Die beiden Künstlerinnen unterscheiden sich deutlich und spannungsvoll in ihren Sichtweisen, und sie eröffnen mit dieser gemeinsamen Ausstellung uns Besuchern neue Sichtweisen durch die sinnliche Kraft ihres jeweils eigenen künstlerischen Zugriffs auf die Welt.  Die interessanten Räume laden dazu ein, die Werke Stück für Stück und in bunter Abfolge von Bildern und Objekten zu erwandern. In den versteckten Gängen und Galerien und in den überraschenden Nischen gibt es einiges zu entdecken. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen dabei.

Jenny Graf-Bicher

Frechen, 22. Mai 2011